Folgendes Schreiben ging gerade an die Telekom raus:

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich bin sehr erstaunt und schockiert darüber, dass Sie sich freiwillig dazu verpflichtet haben (1), einer Internetfilterung und nunmehr möglichen -Zensur zuzustimmen, die sogar unsere Justizministerin für einen "Eingriff in die Grundrechte" hält (2).
Ich hätte Ihnen als einen der führenden Teilnehmer im Markt wesentlich mehr Sachverstand zugetraut, als sich für eine nachweislich wirkungslose und aktionistische "Stoppschild-Kampagne" einspannen zu lassen, basierend auf einer Sperrliste, die einzig und alleine das Bundeskriminalamt einsehen darf, und die ohne Einspruchsmöglichkeit, ohne öffentliche, richterliche oder parlamentarische Kontrolle innerhalb weniger Stunden aktiviert werden muss.
Wie die Erfahrungen aus anderen Ländern mit solchen Sperrlisten zeigen, finden sich darauf nicht nur die eigentlich gemeinten Angebote sondern auch Seiten unbescholtener Anbieter (3).
Wie in einer Meldung gestern publik wurde (4), wird nun der Ruf laut, dass Sie als Provider nicht nur die "Stoppschild-Seiten" bereithalten sollen, sondern auch auf Verlangen die IP-Adressen, die auf diese Seite zugegriffen haben, an die Ermittlungsbehörden weitergeben sollen.
In der von Ihnen am Freitag unterzeichneten Vereinbarung mit der Bundesfamilienministerin und dem BKA las sich das noch anders: "(...) Weder Informationen zu Ihrer IP-Adresse noch andere Daten, anhand deren Sie identifiziert werden könnten, werden vom Bundeskriminalamt gespeichert, wenn diese Seite erscheint (...)" ist auf dem dort präsentierten Stopp-Schild zu lesen (5). Fühlen Sie sich nicht ein wenig an der Nase herum geführt? Obwohl, das BKA speichert ja nicht, dass sollen Sie übernehmen und die IPs an das BKA weitergeben, alles richtig also, was da so auf dem Schild zu lesen steht.
Darüber hinaus sollen auf der Sperrliste nun auch Seiten landen, die auf Seiten verlinken, die die gesperrten Inhalte enthalten. Oder auch Seiten, die auf Seiten verlinken, die auf Seiten verlinken, die solche Angebote vermeindlich bereithalten? Die Chance, völlig zufällig auf die Stoppschildseite und so ins Visier der Fahndung zu geraten, erhöht sich damit exponentiell. Die damit einhergehende verdachtsunabhängige Kriminalisierung Ihrer Kunden unterstüzen Sie freiwillig.
Ich bin langjähriger Kunde Ihres Unternehmens, besitze einen T-DSL Anschluss an ISDN und wickle auch meine Festnetztelefonie über Sie ab.
Ich finde Kinderpornographie entsetzlich und unterstütze jede sinnvolle Maßnahme, die zur Ergreifung der Produzenten und Konsumenten dieser entsetzlichen Abart führt.
Ich bin seit über 15 Jahren aktiv im Internet unterwegs und bin noch nie über kinderpornografisches Material gestolpert. Entgegen den Aussagen der Bundesfamilienministerin findet dieser Markt nicht im "offenen" Bereich des Internets, dem WWW statt, sondern in geschlossenen Zirkeln und Usenetgruppen, die von der Sperrliste sowieso nicht betroffen sind. Eine Filterung des "offenen" Bereichs ist schon vor diesem Hintergrund sinnlos.

Ich halte die von Ihnen am Freitag unterzeichnete Vereinbarung für nicht vereinbar mit meinen Grundrechten nach Artikel 5 Grundgesetz sowie dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung.

Sollten Sie tatsächlich die beschlossenen Maßnahmen umsetzen, so werden sie mich als Kunden verlieren.

Mit freundlichen Grüßen [...]

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  1. <http://www.telekom.com/dtag/cms/content/dt/de/653796;jsessionid=A613CCC919F4E463E8C746B764A4B620>
  2. <http://www.bundestag.de/bic/plenarprotokolle/pp_pdf/16214.pdf>
  3. <http://www.heise.de/newsticker/Kinderporno-Sperren-im-internationalen-Vergleich--/meldung/133295>
  4. <http://www.heise.de/newsticker/Kinderporno-Sperren-Provider-sollen-Nutzerzugriffe-loggen-duerfen--/meldung/136450>
  5. <http://www.heise.de/newsticker/Fuenf-Provider-unterzeichnen-Vertrag-zu-Kinderporno-Sperren--/zoom/136327/0>

Ich bin mal sehr auf die Textbaustein-Antwort gespannt.

Update 22.4.2009

den ursprünglich hier geschriebenen Text habe ich in einen eigenen Beitrag verschoben.