Drüben beim jawl steht ein Text, der eigentlich ein Kommentar auf einen anderen Text bei Fr. Brüllen ist.

Und ich schreibe nun einen kleinen Text dazu, weil mich diese beiden Texte, bzw das Thema darin auch schon seit Jahren immer mal wieder in Wallungen bringt. Denn so funktionieren Blogs.

Weil es zunächst wallte, habe ich auf Twitter rumgekrümelsucht, weil im begleitenden Tweet zum Text was von "warum jetzt alle Blogs gleich sind" stand, und da musste ich mich natürlich direkt in bester Manier der Menge der Leute, die bei Brian aus "Das Leben des Brian" morgens vor der Tür stehen, rufen, "ich nicht!". Und wie immer, wenn man so was ausruft, ist es dann hinterher etwas awkward, zumal, wenn man dann feststellt, dass im eigentlichen Text es ja genau darum geht: Der Unterschied zwischen den so genannten "kommerziellen" Blogs, die rein als (Selbst)vermarktungsmaschinen in die Welt gesetzt werden, und, nun, den anderen.

Den Amateuren.

Amateur. Ich mag das Wort, denn darin steckt amare, die Liebe. Amator, der Liebhaber. Die Liebe, das zu tun, was man macht. Das ist die nicht ganz so geheime Superkraft, die die "unprofessionellen" Blogs antreibt.

Ich kann es nicht besser ausdrücken, daher ein Zitat aus Fr. Brüllens Text:

(…) Wenn ich jetzt unglaublich stolz wäre auf mein Blog, das ich högscht professionell seit einem Jahr gemäss allem, was ich in SEO- und "Wie blogge ich erfolgreich"-Workshops gelernt habe, aufgezogen habe, und das eins meiner beruflichen Standbeine wäre, jo, dann fände ich es vermutlich auch doof, wenn mir eine, die das seit vielen Jahren einfach nur aus Spass macht, ohne irgendwelche Regeln zu befolgen, und die nicht mal die Extraklicks, die sie durch eine Verlosung generiert, zu schätzen weiss, sagt, dass sie "solche Blogs nicht mag".
Ich auf der anderen Seite bin mir nicht sicher, ob ich es unverschämt finde oder ... naiv, dass ich mit vorwurfsvollem Ton gefragt wurde, warum um alles in der Welt ich denn ein öffentliches Blog hätte, wenn mich Leserzahlen und Reichweite (und das, was man da rausholen könnte) so gar nicht interessieren.(…)

Ich stehe immer noch unter Schock eines Ganztagesworkshops zum Thema "Onlinemarketing", dem ich bei einem meiner größeren Kunden als stilles Mäusschen beiwohnen durfte, und dabei einer "Digitalen Leadagentur" mal bei der Arbeit zuhören konnte. Wenn das die Art ist, wie man im schönen neuen Internet um Aufmerksamkeit buhlen muss, um händeringend ein Kuchen vom Klickerfolg zu bekommen, dann muss ich mir einen anderen Job suchen. Alles, aber auch wirklich alles, was dieses Web, die Philosophie dahinter, dieses großartige vernetzte Chaos, diese Zugänglichkeitsmaschine, ausmacht, wird da mit Trackingscripten, Retargeting, gekaufter Reichweite und Kontrollphantasienversprechen der Silobetreiber kaputt gemacht. Statt Inhalt seelenloser Pseudo-Inhalt, Inhaltszombies, erschaffen, um vermeindlichen Trends hinterher zu rennen, gestopft mit Kundenbudgets, die ihre eigene Ideenlosigkeit outsourcen. Gentrifizierung im Web. Wie auch in den Metropolen der Kohlenstoffwelt werden die Areale, die einst von "kreativen" im Eigentlichen Sinn, mit viel Elan, aber ohne große Mittel, Areale und Orte mit wenig Bürokratie und Regeln erschlossen wurden, von der nachrückenden Verwertungskarawane ob des vermeintlichen Hippness-Aspektes verdrängt, begradigt, "aufgewertet" im Sinne des ideenlosen Mainstreams. Und über kurz oder lang unerschwinglich bis unerträglich für die, die sich zunächst dort ansiedelten.

Not my web anymore.