Im Schatten der großen Bloglinde auf dem Marktplatz in Kleinbloggersdorf ist gerade helle Aufregung. Es gibt ein Programm, das verspricht sinngemäss, zwei Millionen Blogs mit Werbeeinträgen zu beschicken - Blogs, die dem ausdrücklich zugestimmt hätten. Dass das den Damen und Herren Blogbetreibern und auch mir nicht gefällt, bzw komisch vorkommt, liegt auf der Hand. Die ganze Geschichte samt Hintergründen ist bei sixtus.net und im Lawblog nachzulesen.

Suche nach webrocker.de/blog/Über die letzten Tage hinweg finden sich immer mehr Blogs, die alle in der Liste des Programms auftauchen, obwohl sie mit Sicherheit nicht ihre Einwilligung zum Erhalt von Werbung in den Kommentaren gegeben haben. Mario von sixtus.net hat sich das Programm besorgt und überprüft auf Anfrage, ob das eigene Blog auch in der Liste auftaucht, und belegt das mit einem Screenshot.

In den Kommentaren bei sixtus.net und lawblog meldete sich zwischenzeitlich ein Kommentator unter dem Namen des Anbieters der Software, und betonte, dass die Liste, auf die sich im Moment alle stürzen, lediglich eine google-Anfrage repräsentierte, und erst danach ein Abgleich mit der internen Liste der Blogs, die eine Einwilligung gegeben haben, stattfände - es würden somit keine Kommentare in Blogs abgesetzt, die nicht in der Einwiligungliste stünden.

Die Aufregung darüber, dass nun alle möglichen Blogs in der Auswahlliste der Software erscheinen, ist verständlich, aber wenn die Aussage des Kommentators stimmt, dass die Auswahlliste eine google-Abfrage zeigt, dann fusst die Aufregung auf einem kleinen, aber fatalen Irrtum:
Die potentiellen Kunden der Software werden ja nicht gezielt nach Blognamen suchen, sondern nach Stichworten, die zu ihrem Produkt passen. Die Idee der Software ist wohl folgende: Ein Werbekommentar macht am meisten Sinn zu einem Beitrag, der sich inhaltlich mit einem ähnlichen Thema auseinandersetzt, daher wird also der Suchbegriff an google (blogsearch?) abgesetzt. Im besten Fall stehen dann in der Auswahlliste alle Blogs, die sich zb mit künstlichen Hüftgelenken befassen, wenn man nach "künstlicher Hüfte" hat Suchen lassen. Der Anbieter vom neuen künstlichen Hüftgelenk Versand wählt nun also alle diesen potentiell interessanten Blogs aus, und beauftragt die Software, seinen Werbekommentar in den entsprechenden Einträgen abzusondern. Hier (und das ist die Blackbox) greift nach Aussage des o.a. Kommentators die Einwilligungsliste - nur Blogs, die sich in dieser Liste befinden, werden beschickt.

Man kann sich nun trefflich darüber streiten, ob so eine Software eine Spamschleuder ist oder nicht (ich für meinen Teil würde das sofort bejahen), aber ich denke, die aktuelle Aufregung darüber, dass die Suche nach dem Blognamen das entsprechende Blog in der potentiell zu beschickenden Liste anzeigt, sowie die daraus folgende Ableitung, man wäre also somit in der Liste derjeningen, die ihre Einwilligung zum Werbekommentarempfang gegeben hätten, ist übertrieben und falsch. Natürlich bleibt zu hinterfragen, ob nicht die Werbeaussage zur Software den Endruck vermittelt, dass die erste Auswahlliste schon nach Blogs gefiltert ist, die ihre Einwilligung gegeben haben, und ob somit nicht dem Käufer eine Vielfalt vorgegaukelt wird, die die "echte" Liste garnicht halten kann. Abgesehen davon, dass ich persönlich der Meinung bin, dass es jemanden, der eine Software kauft, um damit millionenfach seine Werbeaussage in Blogkommentaren zu hinterlassen, recht geschieht, wenn er damit Schiffbruch erleidet, kann ich der momentanen Aufregung unter der Bloglinde nicht allzuviel abgewinnen.

Das wird sich in dem Moment ändern, wo bewiesen ist, dass besagte Software eines der Blogs, die nachweislich nicht ihre Einwilligung gegeben haben, mit Kommentaren beglückt. Und das zu probieren, sollte eigentlich nicht allzu schwer sein, wie es ja auch schon mehrfach in den Kommentaren bei sixtus.net vorgeschlagen wurde.

Ich bin gespannt.

Update

Wenn das, was unter "Update 2" auf sixtus.net steht, stimmt, dann sieht die Sache allerdings doch anders aus, und die Aufregung ist doch berechtigt:

(...) Es wird jedenfalls definitiv keine Verbindung zu einer Datenbank o.ä. aufgebaut, um die Google-Treffer mit irgend etwas abzugleichen. Diese Behauptung, die der Mann (...) hier in den Kommentaren und per E-Mail an betroffene Blogger aufgestellt hat, ist nachweisbar unwahr.