Das Hamburger Landgericht hat befunden, dass man durch das Setzen eines Links in die Verantwortung genommen wird dafür, dass auf der verlinkten Seite keine Urheberrechte verletzt werden [1], und dass es für Betreiber einer Webseite mit Gewinnerzielungsabsicht (was genau das ist und wo die Grenze verläuft, bleibt unklar) zumutbar ist, sich vor Setzen eines Links zu versichern, dass keine Nutzungsrechtsverletzung auf der verlinkten Seite vorliegt. Damit folgt das Landgericht einer ähnlichen Entscheidung, die vom Europäischen Gerichtshof gefällt wurde [2].

Dieses Urteil wird gerade [3] -- meiner Meinung nach völlig zu recht -- heftigst kritisiert [4] und man möchte den beteiligten Richtern die Frage stellen, ob sie sich schon mal mit dem Web und wie das so funktioniert auseinander gesetzt haben.

Der Link, das "H" in HTML, der "Hyper Text Markup Language", das "Hyper". DAS ist der Urbaustein dessen, was das Web zu dem macht, was es ist -- der Kleber zwischen den ganzen Seiten und Dokumenten, die da auf Serverfestplatten rumliegen.

Selbst wenn man dem folgen würde, dass eine blosse Verlinkung schon ein Aneignen der fremden Inhalte bedeuten kann (?[5][6]), dann stellen sich doch noch ganz ander Fragen in der Praxis:

  • Selbst wenn man rechtssicher recherchiert, bevor man den Link setzt, was passiert, wenn sich die verlinkten Inhalte danach verändern?
    Muss man als "Seitenbetreiber mit Gewinnerzielungsabsicht" quasi ständig (/täglich/in welchem Abstand?) nachforschen, ob die verlinkte Seite modifiziert wurde?
  • Was ist überhaupt "Seite" in diesem Zusammenhang?
    Was passiert, wenn das Linkziel auf dem anderen Server per Redirect plötzlich auf einen anderen Inhalt verweist?
  • Was ist mit Link-Shortener Services wie zb bit.ly?
    Genau genommen setzt man ja den Link dorthin, und dort passiert ein Redirect auf die eigentlich gewünschte Seite. Ist nun bit.ly verantwortlich?
    Oder doch ich? Falls ja, wie weit wird dann die Kette aufgespannt, wieviele Weiterleitungen (zb Link in Facebook, der geht erstmal über deren Outgoing Redirect, damit FB weiss, was da so geklickt wurde, das wiederum geht auf einen Linkshortener und dahinter kommt die Seite, die aber ihrerseits mittlerweile einen Redirect auf andere Inhalte macht…
    Ist das alles noch "zumutbarer Rechercheaufwand"?
  • Was ist mit QR-Codes? Wann ist also ein Link ein Link? Ist er "klickbar?"
    Was ist mit anderen Eingabemöglichkeiten, Voicecontrol, etc?
  • Was ist mit dem Foto einer URL, das auf einer Seite veröffentlicht wird?
  • Was ist mit Retweets auf Twitter oder mit Links, geliked auf Facebook und damit wiederum als Inhalt auf der eigenen FB-Wall für Freunde sichtbar?
  • Was ist mit Pinterest?

...

Ich könnte stundenlang so weitermachen, aber der Blutdruck steigt gerade gefährlich, deshalb höre ich hier für den Moment auf. Unter [3] gibt es einen lesenwerten Artikel, wie das LG selbst mit der Problematik umzugehen gedenkt.

Nur eins noch, wenn, wie hier zur Demonstration erfolgt, nun keine Hypertext Links gesetzt werden, dann beraubt man das Web um die Möglichkeit, z.B. per Pingback oder Trackbackprotokoll, oder nun neuer, via Webmentions, einer Kommunikation der Seiten untereinander. Ist dann halt nicht mehr ganz so Hyper, sondern einfach nur Text.

Machen wir also in Zukunft nur noch NTML. Oder Fotos von Brötchen.

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[1] https://www.heise.de/newsticker/meldung/Gericht-bestaetigt-Haftung-fuer-Urheberrechtsverletzungen-auf-verlinkten-Seiten-3566919.html
[2] https://www.heise.de/newsticker/meldung/EuGH-verbietet-kommerzielle-Links-auf-Urheberrechtsverletzungen-3316497.html
[3] https://www.heise.de/newsticker/meldung/LG-Hamburg-will-Rechtmaessigkeit-seiner-Online-Inhalte-nicht-rechtsverbindlich-erklaeren-3568292.html
[4] https://blog.wdr.de/digitalistan/wie-soll-das-gehen-liebes-landgericht/
[5] http://www.rechtzweinull.de/archives/2040-linkhaftung-2-0-erlaeuternde-hinweise-zu-der-paranoia-um-das-urteil-des-lg-hamburg.html
[6] http://www.socialmediarecht.de/2016/12/09/das-setzen-von-links-kann-eine-urheberrechtsverletzung-darstellen-oder-wie-das-landgericht-hamburg-az-310-0-40216-das-internet-endgueltig-kaputt-machte/